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Pater Stefan Maria Stirnemann Archevêché, B. P. 2016, Conakry Rép. Guinée, (West. Afr.) Tel. (00224) 664 78 75 51 E-Mail:
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Conakry, den 11. Februar 2016
Liebe Verwandte und Freunde,
wenn ich Ihnen heute wieder Nachrichten von unseren Foyers Saint Joseph sende, ist es mit Freude, denn obwohl die Kassen z.Zt. wieder einmal leer sind, wissen wir doch, dass der hl. Joseph immer bei uns ist. Er wird uns nie fallen lassen, so dass wir ruhig schlafen können in dem Wissen, dass alles recht wird.
Was gibt es Neues?
Wie Sie wissen fischen wir nach wie vor Waisenkinder aus den Straßen der Stadt. Und wir begegnen immer wieder schlimme fälle. Nur ein paar Beispiele:
Die Geschichte des kleinen Salomon, den wir von der Straße aufgelesen haben, hat mich sehr berührt: Seine beiden Eltern sind verstorben. Nach dem Tod seiner Mutter wurde er von seinem Vater einer Schwester übergeben, welche bei einer Tante harte Arbeit verrichten muss. Salomon, der „Diener“ der misshandelten Dienerin verlor das Gleichgewicht und schlief immer öfter auf der Straße. Als er 10 Jahre alt war, wurde er eingeschult. Vier Jahre später schickte der Vater ihn auf eine Koranschule (wo alles arabisch geschieht). Salomon möchte dort nicht hingehen; deshalb verlässt er seine Familie und sucht mit seinen Freunden Arbeit auf den Feldern, aber er lernt weiter für die (Regel)- schule. Als er in die 6. Klasse kam nahm ihn sein Bruder 300 Km weit weg und erlaubte ihm nicht in die Schule zu gehen. Aber Salomon wollte jedenfalls weiter lernen. Nach der Schule spülte er das Geschirr in einer Bar… damit er was essen konnte. So schafft er es bis in die neunte Klasse. Aber dann verlangt der Bruder von ihm, er solle Miete zahlen. Salomon verlässt ihn. Ein Taxifahrer nimmt ihn mit nach Conakry und lässt ihn bei sich wohnen, unter der Bedingung, dass er für ihn arbeitet. Er muss Metallteile aufsammeln, die in den Straßen herumliegen. Am Abend lernen die Kinder des Taxifahrers für die Schule, während er, Salomon, arbeiten muss. Schließlich wird Salomon von seinem großen Bruder in dessen Familie aufgenommen. Aber dort wird er misshandelt. 2014 stirbt sein Vater. Seine Schwägerin verjagt ihn aus dem Haus. Er lebt auf der Straße, will aber unbedingt weiter zur Schule.
Zu dieser Zeit erfährt er von der Existenz der Josephs-Heime. Er kommt zu mir und erzählt mir seine Geschichte. Und ich darf ihm voller Freude sagen: „Gib mir deine Hand, von jetzt an bin ich dein Vater“. Er erhält zum ersten Mal in seinem Leben die Möglichkeit, zu lernen, ohne nebenbei schwere Arbeit verrichten zu müssen.
Unter den Jugendlichen, die in letzter Zeit hier angekommen sind, befindet sich auch Ousmane, dessen Vater früh gestorben ist. Ein reicher Händler hatte ihm ein Motorrad geliehen, damit er als Motorradtaxifahrer Geld für seine Mutter und seine zahlreichen Geschwister verdienen konnte. Ein Verbrecher verlangt von ihm, dass er ihn in einen Wald bringt. Dort wird er mit Gewehren bedroht und gezwungen, das Motorrad dazulassen und zu Fuß nach Hause zu gehen. Der Besitzer des Motorrades will seine Geschichte nicht glauben; er ist überzeugt, dass Ousmane das Motorrad verkauft hat. Er lässt ihn einsperren und foltern, damit er endlich die „Wahrheit“ gestehen soll. Eines Tages gelingt ihm die Flucht in das Josephs-Heim. Seine Mutter hat nur ein Feld und jetzt kein Einkommen mehr. Man wird ihr vermutlich das Feld wegnehmen.
Dann gibt es da noch Aboubacar. Seine Mutter verkauft Kleidung auf dem Markt. Sie verlangt von ihm, dass er die Schule beendet, um ihr bei der Arbeit zu helfen. Sie schlägt ihn. Er kann nicht mehr und läuft weg.
Es ist uns auch gelungen, Kaba zu retten. Bis zu deren Scheidung 2011 lebte er bei seinen Eltern. Danach blieb er bei seiner Mutter, die Brot auf den Straßen verkaufte. Er selbst verkaufte Kleidung; Die beiden wurden ruiniert. Das Joseph-Heim gibt der Mutter 75,- €, damit sie das Geschäft wieder in Gang bringen kann; das reicht um die beiden zu retten.
Weiter ist da die Geschichte von Ismael, 13 Jahre. Seine Eltern sind seit langer Zeit geschieden. Die Mutter hat wieder geheiratet, an einem anderen Ort. Er lebt anschließend bei einer Tante, wo es ihm so schlecht geht, dass er lieber auf der Straße schläft. Als er in meinem Büro auftaucht, hat er die Nummer seines Vaters bei sich, den ich sofort anrufe. Der aber gibt mir klipp und klar zu verstehen, dass er von seinem Sohn nichts wissen will. Tja, wieder einer, der in unserem Sankt-Josephs-Heim einen neuen Vater findet.
Ich könnte noch Stunden lang weiter erzählen. Heute nur noch ein Satz über Mamoudou, einem Vollwaisen. Er wuchs bei seinem Großvater auf, einem Mann, der so bösartig war, dass er im Alter von elf Jahren schließlich weglief. Drei Jahre lang lebte er in der Umgebung des Marktes.
Ja, in den Sankt-Josephs-Heimen wird es uns nie langweilig. Auf jedem Gebiet gibt es sehr viel zu tun!
Mit diesem Brief möchte ich Ihnen einen tiefen Dank sagen, im Namen all dieser unglücklichen Menschen, die dank Ihrer Unterstützung wieder Freude am Leben finden können.
Möge Gott Sie mit seinem Frieden und seiner Freude überhäufen. Möge er Sie und Ihre Familien segnen und Ihnen die Begegnung mit Christus schenken, der uns alle so sehr liebt, unendlich mehr als ich meine Heimkinder liebe.
Stefan Maria
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