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Conakry, den 10/10/2014

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

zu aller erst eine kurze Vorstellung unsererseits:

Wir heißen Lea Ochs und Marianne Selmeier. Nach dem Abitur haben wir beschlossen uns eine Auszeit zu nehmen, um unsere Bildung, Kultur und sozialen Kompetenzen zu erweitern. Aus diesem Grund verbringen wir bis zu neun Monate in Conakry, der Hauptstadt von Guinea, in verschiedenen Kinderheimen der Sankt Josefs Heime.

 

Unsere ersten Eindrücke waren sehr unterschiedlich, viele Dinge unterscheiden sich sehr von allem, was wir aus Deutschland gewohnt sind. Wir haben festgestellt, dass es auf den Straßen wirklich so aussieht, wie es im Fernsehen des Öfteren zu sehen ist. Viele der Leute wohnen in zusammen gestellten Blechhütten auf einem steinigen, lehmigen Boden. Auf den Straßen sind eindeutig mehr Menschen unterwegs als bei uns in Deutschland. Man sieht viele Kinder, die alle möglichen Waren, wie z.B. Obst, Stoffe, Trinkwasser, Kekse und Handyguthaben verkaufen.

Die Menschen, die hier leben sind gegenüber ihren Mitmenschen immer sehr freundlich und herzlich.

Dass Pater Stefan während seiner Abwesenheit sehr vermisst wurde, hat man am freudigen, ausgelassenen und von Gesang begleiteten Begrüßungstanz der Kinder bemerkt.

Doch nun, da wir ein bisschen über Conakry und die Foyers im Allgemeinen geschrieben haben, kommen wir zu unserer Arbeit in den Foyers. Am zweiten Abend haben wir begonnen, die Neuen aufzunehmen, die während der Zeit, in der der Pater nicht da war, dazu gekommen sind. Dafür haben wir uns draußen auf eine Bank mit Tisch gesetzt und hatten Zettel, Stift und ab Anbruch der Dunkelheit auch eine Taschenlampe dabei. Einer nach dem anderen, beim Kleinsten angefangen, wurden die Neuen zu uns gerufen, um uns ihre Geschichte in kurzen Worten zu schildern, so dass Pater Stefan entscheiden konnte, ob sie in dem Zentralfoyer der St. Josefsheime bleiben sollen, in eines der anderen Foyers gebracht werden oder ob es die Möglichkeit gibt, dass sie doch wieder zu ihren Familien zurückkehren.

Mehrmals haben wir einen „Dolmetscher“ gebraucht, da hier neben Französisch auch Sousou, Malinke, Peul und andere Sprachen gesprochen werden und nicht alle der Kinder Französisch sprechen. Es wurde gefragt, aus welchem Grund das Kind auf der Straße lebt, als „Marabolé“, wie man die Straßenkinder hier nennt.

Oft waren die Geschichten, die die Kinder erzählten erschreckend für uns. Einige sind von zu Hause weggelaufen, weil ihre Eltern von ihnen verlangt haben, z. B. Wasser auf der Straße zu verkaufen, statt in die Schule zugehen. Wenn das Kind dies nicht will, drohen die Eltern damit es zu schlagen. Aus Angst vor den Schlägen laufen die Kinder schließlich weg.

Bevor ein Kind im Heim aufgenommen wird, gilt es immer zuerst eine „Enquête“ (Ermittlung) zu
machen, bei der die Familie des Kindes aufgesucht wird, um zu sehen, ob es möglich ist es wieder zu seiner Familie zu schicken. Einige sagen auch gleich,  dass sie, wenn sie wieder nach Hause kämen von der Mutter aufgenommen werden würden. In einem solchen Fall bleibt die Enquête weg und den Kindern wird die Reise bis nach Hause gezahlt.

Ist dies nicht der Fall – das Kind kann nicht zu Hause wohnen – wird das Kind in das Foyer geschickt, was am ehesten seinem Niveau in der Schule entspricht. Die verschiedenen Niveaus sind: Gazellen (7-11 J.),

Löwen (die älteren Neuangekommenen), Panther (4./5. Schuljahr), Tiger (6.-8. Schuljahr) und die Collegiens (bis zum Abitur). Außerdem gibt es ein Heim für diejenigen, die eine Ausbildung machen.

Die Kinder, die zu ihrer Familie zurückkehren, erläutern Pater Stefan die Arbeit, die sie davor gemacht haben und, wenn die Familie in ganz tiefer Armut steckt, steuert er ihnen einen Betrag bei, damit die Mutter einen kleinen Stand aufbauen kann. Für den einen sind es ein paar Packungen Kekse, die weiter verkauft werden können, für einen sind sogar auch mal zwei Ochsen gekauft worden um die Arbeit auf dem Feld zu erleichtern und damit sie zusätzlich Geld verdienen können, wenn sie die Ochsen an ihre Nachbarn verleihen.

In der ersten Woche haben wir einige der anderen Foyers besichtigt. Im Foyer St. Daniel in Simbaya wird seit einiger Zeit mit Hilfe der großen Kinder, die in der Schreinerei der Foyers arbeiten, ein neues Gebäude gebaut. Türen, Fenster, Möbel und anderes wird von ihnen selbst hergestellt und montiert. Wir alle sind sehr stolz auf ihre Arbeit und hoffen, dass es bald fertig ist, damit sich die Kinder dort wie zu Hause fühlen können.

Seit wir im Foyer Stankt Josef angekommen sind, wird uns Schritt für Schritt Sousou, die Sprache, die in Niederguinea hauptsächlich gesprochen wird, von den Kindern mit viel Geduld beigebracht.

Als Gegenleistung dafür, dass wir den Kindern deutsche und französische Spiele, wie „Embambi“, „Bei Müllers hat‘s gebrannt“ oder „Je te tiens, tu me tiens par la barbichette“ beigebracht haben, zeigten sie uns afrikanische Würfelspiele. Zudem machen sich die Kinder gerne einen Spaß daraus an Kleidung und Haaren einer anderen Person zu zupfen, ohne sich bemerkbar zu machen, um es auf ein anderes schieben zu können. Besonders lustig finden sie es, uns Fragen zu stellen, nur um dann „Kiiiing!!“, „I Benchè“ oder „Kaaang!!“ erwidern zu können. Inzwischen haben wir gelernt auf eine Frage sofort mit einem dieser Worte, deren Bedeutung uns immer noch fremd ist, zu antworten, was zu einer ebenso großen Belustigung der Kinder führt, wie wenn wir die Frage ernsthaft beantworten würden.

Zu unserem Alltag gehört außerdem das tägliche Beten. Einmal am Tag findet ein Gottesdienst statt und vor den Mahlzeiten wird ca. eine Viertelstunde gebetet (Laudes oder Vesper). Jede Gebetszeit endet mit einem Dankes- und Bittgebet an den Heiligen Josef.

Der Sonntagsgottesdienst, den wir bisher einmal miterleben durften, der in der Kirche „Saint Matthieu“ stattfindet, ist lebhafter und freudiger als in Deutschland. An diesem Sonntag hat Pater Stefan den Gottesdienst mit einem Lied beendet, bei dem er alle Kinder nach vorne zum Tanzen einlud.

Durch alle bisherigen Eindrücke und Erlebnisse sind wir beide sehr auf unseren weiteren Aufenthalt in diesem schönen Land gespannt.

Auf Wiedersehen und Gottessegen,

Lea Ochs und Marianne Selmeier.

 

 

Liebe Freunde,

 

Wir sind alle sehr froh, dass Marianne und Lea gekommen sind. Sie sind so freundlich und lieb, besonders mit den Kindern. Das Lächeln ist immer da und sie sind bereit alle Arbeiten zu machen. Das Schönste ist, wenn Lea Geige spielt und Marianne mitsingt! Wir kommen gerade zurück  von einer langen Reise nach Labé, die sehr schwierig und auf schlechten Wegen war. Sie haben alles freundlich mitgemacht und haben sogar gesungen. Sie sind schon ganz in der Familie eingegliedert. Man hat den Eindruck, dass sie schon Jahrelang da sind!

Der Herr segne sie, mit Ihren Familien, und mit Ihnen allen, die Ihr uns erlaubt habt, das alles für
unsere Kinder, Kranken und armen Leute zu machen. Ihr habt viel Leben gerettet. Gott allein kann
es Ihnen vergelten.

 

Danke,

Stefan Maria.

 

PS „Was Ebola betrifft, haben sich im Süden von Guinea wieder neue Fälle, von Liberia kommend, entwickelt, auch ein paar, aber weniger, im Norden bei Conakry. Aber die Gegend im Norden rund um die Foyers St. Josef ist vorerst davon bewahrt geblieben. Wie sich nun diese Epidemie weiter entwickelt liegt nicht in unserer Hand. Wir können nur um das Erbarmen des Herrn bitten!“

 

 
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