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Pater Stefan Maria Stirnemann
Archevêché, B. P. 2016, Conakry Rép. Guinée, (West. Afr.)
Tel. (00224) 664 78 75 51
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Conakry, den 21.02.2015



Liebe Verwandte und Freunde,


Wieder einmal darf ich Sie einladen, meine Freude zu teilen; eine Freude, die wir Ihnen verdanken, liebe Freunde. Sie ermöglichen
es mit Ihrer finanziellen Unterstützung, jeden Tag Menschen glücklich zu machen. Jeden Tag gilt es von neuem viele
gebrochene Herzen zu heilen. Ein wenig zögere ich, Ihnen wieder und wieder die gleiche Art von Geschichten zu erzählen.

Alpha Traoré hat die folgenden Zeilen geschrieben

Conakry, den 02. Februar 2015

„Ich habe drei Geschwister. Unser Vater ist 1997 verstorben. Wir waren bei unserer Großmutter zurückgeblieben, ohne finanzielle
Unterstützung. Ohne Frühstück gingen wir aufs Feld hinaus. Wir waren der Straße überlassen, als ich in der fünften Klasse war.
Eines Tages habe ich mich auf den Weg nach Conakry gemacht. Dort suchte ich im Hafen von Boulbinet Zuflucht, wo ich Waren und Fische transportierte, um etwas zu essen zu bekommen.
Zwei Jahre später beobachtete mich ein Freund, als ich Gepäck transportierte. Er sagte mir, er könne mir helfen, eine bessere Zukunft zu finden und brachte mich zu einem Weißen, der den Straßenkindern hilft. Zu jener Zeit war ich sehr krank; ich schlief, schutzlos, im Hafen.
Er brachte mich in das St.-Josefs-Heim. Der Pater gab mir zu essen und stellte mir Fragen über mein Leben … schließlich
nahm er mich auf. Dank dieses Heimes habe ich am 31. Oktober 2007 eine Art Familienleben beginnen können.“

„Heute bin ich am Arbeitsmarkt vertreten, mit einer Ausbildung als Gesch.ftsführer, die ich in einer der größten Berufsschulen
des Landes absolviert habe. Ich bin sicher, dass ich mit dieser Ausbildung Arbeit finden werde.“

Eines schönen Tages verließ Alpha das Heim, weil seine Großmutter ihn zu sich gerufen hatte; er solle ein Praktikum bei einer
Versicherungsgesellschaft machen: UGAR. Dort begann das Leiden von neuem.

„Als ich bei UGAR arbeitete, schlief ich auf der Straße. Morgens war ich schmutzig, ich musste zuerst meine Kleider waschen,
ehe ich zur Arbeit gehen konnte. Am Abend trug ich Gepäck, um etwas zu essen zu bekommen.“

Wir haben Alpha wieder im Heim aufgenommen, bis er wieder Arbeit finden wird. Er ist zuversichtlich. Unser großes Problem
ist, dass wir Dutzende Jugendliche wie ihn haben, die darauf warten, Arbeit zu finden …

Alpha erbittet auch für seine Tante, Saran Traoré, unsere Hilfe. Sie hat einen kleinen Laden, kann aber ihre Gewürze wegen
Krankheit nicht mehr verkaufen. Mit der Hilfe von Missio München können wir vielen Frauen etwas Geld für einen Neustart
geben, Witwen und Verlassenen. Mit 70 Euro können sie ein neues kleines Geschäft anfangen …

Es gibt auch noch die Geschichten all der anderen Kinder, die wir von der Straße holen.

* Lamine etwa, dessen Vater und Mutter verstorben sind und der bei einer Verwandten, einer wahren Rabenmutter, zurückgeblieben
ist. Diese hatte ihn aus der Schule genommen, damit er auf dem Gehsteig gefrorenes Wasser verkauft. Eines Tages hatte
er, wie die anderen Kinder, Ball spielen wollen. So brachte er nicht die von der Stiefmutter geforderte übliche Summe nach
Hause. Daraufhin schlug sie ihn grün und blau und warf ihn verwundet hinaus. Wir haben ihn von der Straße aufgelesen.

Kontakt: Sr. Rudolfine · Hemauerstraße 31 · D-93047 Regensburg · Tel. 0941-46 18 78 68 od. 0170-60 47 106

Kto: Hoffnungsstern über Conakry Nr. 1371363 Liga-Bank Regensburg · BLZ 75090300

IBAN: DE89 7509 0300 0001 3713 63 · BIC: GENODEF1M05

Und dann gibt es auch diese tapferen, hilfsbereiten Kinder, die unbedingt ihren Eltern helfen wollen, manche von

ihnen sind wahre Helden.

* Boubacar lebt auf dem Land mit seiner Mutter, in großer Armut. Sein Vater ist verstorben. Es gelingt ihm, gleichzeitig die
Felder zu bestellen und zu studieren. Bei seiner Ankunft im Heim war er in der dritten Klasse gewesen. Er hatte nicht bei
uns bleiben wollen. „Ich will für meine Mama arbeiten, damit sie nicht weiter leiden muss“. Er bestand darauf, in sein Dorf
zurückzukehren. Vielleicht können wir ihm eines Tages einen Pflug und zwei Ochsen kaufen?

* Bouba Soumah hat sehr arme Eltern. Der Vater klaubt die Felder ab, die Mutter arbeitet als Tellerwäscherin. Die Armut hat
ihn fort getrieben und er ist in die Stadt gekommen, in den Hafen. Mit dem Transport von Paketen kann er nahe 40 Euro die
Woche verdienen (damit kann man gut 50 Teller Reismahlzeiten bezahlen). Er schickt das Geld seinen Eltern. Als ich ihm
vorschlug, im Heim zu leben, nahm er dies nur unter der Bedingung an, dass er am Wochenende weiter im Hafen Geld für
seine Eltern verdienen dürfe.

Wie bereits am Anfang des Briefes erwähnt, habe ich das Gefühl, der glücklichste Mensch der Welt zu sein: Kann es eine
größere Freude geben, als die, das Leben eines traurigen, verlassenen Kindes im Handumdrehen zum Positiven zu wenden?

„Komm, Kleiner, gib mir deine Hand, von heute an bin ich dein Papa“. Drei Wochen später sieht man dieses Kind mit einem
strahlenden Lächeln beim Fußballspiel mit den Freunden. Es hat seinen Jammer vergessen.

Im Allgemeinen geht es gut in unseren Heimen. Ebola haben wir nur in der Ferne vorbeiziehen sehen. Unseren Kindern geht
es gut. Dank Ihnen haben sie zu essen, werden versorgt, sind gut untergebracht und gehen zur Schule. Ihre Hilfe, liebe Freunde,
ist für sie von unschätzbarem Wert.

Die armen Kranken haben viel zu jammern, und unser Medizinteam pflegt Hunderte von ihnen. Zehn Jahre ist es nun her, dass
die taubstumme kleine Françoise von ihren Eltern auf die Straße gesetzt wurde. Jetzt dürfen wir voll Freude zusehen, wie sie
in die Taubstummenschule geht und dort schreiben und lesen lernt. Wir gehen auch weiterhin in die Gefängnisse, um einige
dort freizubekommen und das Schicksal anderer zu erleichtern.

Zum Abschluss eine schöne Liebesgeschichte…, die sich wirklich so zugetragen hat!

Amadou landete eines Tages auf der Straße in Conakry, obwohl er als Schweißer in Kindia arbeitete. Mariam wurde von
einem Mann entführt, der eine nach der anderen „heiratet“ und sie wegschickt, sobald sie schwanger werden. Das passierte
auch Mariam. Wenn im Stamm der Peuls ein Mädchen schwanger wird, ohne dass es legal verheiratet ist, wird es von der
Familie verstoßen.

Eines schönen Tages, so kann man wohl sagen, findet Amadou Mariam am Markt, unter Tränen wiegt sie ihr Baby im Arm. Er
hat Mitleid mit ihr, besorgt ihr etwas zu essen, beschützt sie vor den Gaunern. Seitdem sind sie einander in tiefer Freundschaft
verbunden. Nach einiger Zeit klopfen sie an unsere Tür. Wir behalten Amadou erst einmal, um Nestor zu pflegen, ein lebendes
Skelett, das, mit Gottes Hilfe, überleben wird, wenn Ihr für ihn betet. Dann werden wir Amadous Hochzeit mit Mariam feiern,
bevor er zu seinem früheren Arbeitgeber zurückkehren wird, um die Arbeit wieder aufzunehmen. Für die Hochzeit werden
wir nicht viel Geld ausgeben, nur ein paar Flaschen Cola, denn unsere Kassen sind seit einer Woche leer und unsere 90 Angestellten
haben ihren Lohn noch nicht erhalten. Aber wir fürchten nichts, denn der Heilige Josef ist bei uns und mit ihm das
Kindermissionswerk, die Organisation „Aimer“ und all unsere Freunde, die es uns ermöglichen, kleine Wunder zu tun.

Ich komme kaum mehr dazu, Ihnen persönlich zu schreiben, aber ich bitte den Herrn, Sie zu erfüllen mit seinem Frieden und
seiner Freude. Herzlichen Dank für alles.


Stefan Maria



 
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